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Politik

Auch Mörder sterben aus ...

Bild: Letzte Ruhestätte von Ludwig Göring

Letzte Ruhestätte von Ludwig Göring

Das Massaker von Sant Anna/Italien durch Soldaten der 16. SS-Panzergrenadierdivision "Reichsführer SS".
Hintergrund:
Am Morgen des 12. August 1944 stiegen vier Kompanien der SS in das abgelegene Bergdorf Sant Anna auf und massakrierten jeden, der angetroffen wird: vor allem Kinder, Frauen, alte Männer . Sie verbrennen die Leichen und die Häuser. Insgesamt 560 Tote, alle werden grausam massakriert, es bleibt ein ausgelöschtes Dorf. Nur wenige Einwohner haben das Morden überlebt, sie mussten mit ansehen, wie die Mutter, die Geschwister umgebracht wurden. Einer der Täter war Ludwig Göring aus Ittersbach, der geschossen haben soll, "bis der Patronengurt leer war. " Rund 180 Menschen, vorwiegend Männer, die vor Beginn der Aktion geflüchtet waren, überlebten das dreistündige Massaker.

Die Identifikation der Opfer und die Ermittlung der Anzahl der Ermordeten gelang nur sehr bruchstückhaft. Zuerst verhinderte die Anwesenheit der Deutschen diese Arbeit. Dann waren die Leichen durch das Feuer zu Unkenntlichkeit verbrannt. In den Tagen danach mussten die Überlebenden die Toten wegen der Geruchsentwicklung bestatten. Als Ende September eine US-Untersuchungskommsission das Massaker untersuchte, fand sie in den völlig zerstörten Häusern noch immer verkohlte Reste und Knochen von Frauen und Kindern. Die Anzahl der Getöteten ist bis heute unsicher, die Angaben schwanken zwischen 400 und 560 Menschen. . Der Wehrmachtsbericht aus dieser Zeit war bei der Ermittlung der Morde keine Hilfe. Die Meldungen sprachen von einem "Bandenunternehmen, bei dem er gelungen sei, 270 Banditen zu beseitigen. "
Die Taten kommen erst spät zur Anklage, die Akten lagerten fast 60 Jahre in einem Schrank bei der Militärstaatsanwaltschaft in la Spezzia, bekannt auch später als "Schrank der Schande". Die italienischen Behörden brachten erst spät die Fälle zur Anklage, vor allem wohl vor dem Hintergrund der Westeinbindung Deutschlands als Schutzwall gegen den Kommunismus?
Am Mittwoch, den 22. Juni 2005, 19.40 Uhr verliest der Präsident des Militärgerichts von La Spezia die Urteile gegen die SS-Angehörigen:
Gerhard Sommer, schuldig der Beteiligung am fortgesetzten Mord, begangen mit besonderer Grausamkeit. Die Strafe: lebenslänglich.
Das gleiche Urteil, die gleiche Strafe für Alfred Schöneberg, Ludwig Heinrich Sonntag, Alfred Concina, Karl Gropler, Horst Richter, Ludwig Göring, Werner Bruss, Georg Rauch, Heinrich Schendel.
Die Verurteilten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Einige von ihnen müssen außerdem Entschädigungen an private Nebenkläger bezahlen. Ludwig Göring hatte als einziger die Beteiligung an dem Massaker zugegeben und die anderen dadurch belastet.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelte seit 2002 gegen neun der in Italien Verurteilten. Darunter auch der SS-Offizier Georg Rauch aus Rümmingen in Südbaden, ebenfalls inzwischen im Jahr 2008 verstorben. Fünf weitere Personen, die nicht in dem Prozess in La Spezia angeklagt waren, blieben von Ermittlungen ausgenommen. Die Hamburger Rechtsanwältin Gabriele Heinecke, die den Verband der Opfer von Sant Anna in Deutschland gerichtlich vertritt, stellte 2005 bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der mit der Begründung einer zu vermeidenden Gefährdung der Ermittlungen durch die Opfer abgelehnt wurde. Gegen die drei rechtskräftig Verurteilten wurde im Juni 2007 ein europäischer Haftbefehl gestellt. Dieser durfte jedoch wirkungslos bleiben, da Deutsche zum Zwecke der Strafvollstreckung nicht gegen ihren Willen ausgeliefert werden dürfen.
Kritiker warfen der Staatsanwaltschaft Stuttgart vor, die Ermittlungen eher aus symbolischen Gründen geführt zu haben und in Wirklichkeit nur den natürlichen Tod der heute noch lebenden Täter abzuwarten. Dadurch versuche die Staatsanwaltschaft, eine Einstellung des Verfahrens mangels Beweisen oder einen Freispruch zu vermeiden, was beides als Niederlage für die Justiz gelten würde.
Die Staatsanwaltschaft erklärte hierzu: "Die Ermittlungen dauern noch an, ein Ende ist nicht abzusehen. ... Wir wollen den Sachverhalt vollständig aufklären. Und es ergeben sich immer wieder neue Hinweise. Neue Zeugen hätten sich gefunden, weitere würden gesucht, jedoch könnten oder wollten sich vielleicht die Zeugen häufig nicht mehr erinnern. Nach dem deutschen Rechtssystem müssen wir jedem einzelnen eine Tatbeteiligung nachweisen, und wir brauchen Mordmerkmale wie Grausamkeit und niedere Beweggründe, weil nur Mord nicht verjährt.
Die Staatsanwaltschaft hat ihrerseits die Verurteilung in Italien kritisiert. Sie sei ein Schnellschuss aus der Hüfte, bei dem sich die italienische Justiz zehn Angehörige der Einheit herausgepickt und pauschal verurteilt habe.
Am 1. Oktober 2012 teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit, dass ihre Ermittlungen in Zusammenarbeit mit dem LKA Baden-Württemberg ergeben hätten, dass den 17 Beschuldigten insbesondere den (zwischenzeitlich) acht noch lebenden Beschuldigten eine noch nicht verjährte strafbare Beteiligung an den Geschehnissen in Santë Anna di Stazzema nicht nachgewiesen werden könne. Die Ermittlungsverfahren wurden daher nach ß 170 Abs. 2 STPO eingestellt. Der neue Justizminister von Baden-Württemberg, Rainer Stickelberger (SPD), teilte ergänzend mit, dass die Ermittlungsbehörden an Recht und Gesetz gebunden seien. Hierzu gehöre vor allem auch die Rechtsprechung des BGH zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Soldaten im Zusammenhang mit Tötungen während des Krieges wegen Mordes oder Beihilfe zum Mord verantwortlich gemacht werden können. Stickelberger erklärte: Soweit ich es einschätzen kann, ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Stuttgart, das Verfahren einzustellen, der auf dieser Rechtsprechung beruhenden Rechtslage geschuldet.
Kommentar:
Die Mörder sterben unbehelligt aus. So nun auch der SS-Rottenführer Ludwig Göring aus Ittersbach, der am 20.1. 2011 verstarb, ohne für die Taten von der baden-württembergischen Justiz zur Rechenschaft gezogen worden zu sein. Göring hatte nachdem 2. Weltkrieg relativ unbehelligt in seinem Heimatort Ittersbach leben können. Noch 2008 war Göring für 40 Jahre Mitgliedschaft im Obst- und Gartenbauverein geehrt worden. Der Geistliche des Ortes hatte uns mitgeteilt, dass Ludwig Göring Anfang 2011 verstarb . Er habe mit Göring noch vor seinem Tod sprechen können. Unsere Frage nach "später Reue und Sühne vor seinem Tod" beantwortete der evangelische Geistliche mit dem "Datenschutz". (In Ittersbach lebte übrigens auch zeitweise der spätere RAF-Terrorist Christian Klar.) Auf dem kleinen Friedhof fällt gleich ein martialisches Gefallenendenkmal für getötete Soldaten des 1. Weltkriegs auf, ein Soldat mit Stahlhelm. Es gibt aber auch eine gedenktafel für die im 2. Weltkrieg getöteten Soldaten und auch Zwangsarbeiter. Viele hier bestattete Einwohner tragen den gleichen Nachnamen, auch Verwandte von Göring sind hier bestattet. Vor einigen Jahren war schon einmal durch einen Artikel in der lokalen Tageszeitung auf die Verstrickung Ludwig Görings in das Massaker hingewiesen worden, was aber offenbar ohne nachhaltige Einwirkung auf das Ortsgeschehen blieb. "Es war halt Krieg und er musste wohl gemäß dem Befehl so handeln, sonst wäre ihm ja was passiert ?" Allenfalls "unter der Hand" sei kurze Zeit darüber gesprochen worden., danach sei das ganze kein Thema mehr gewesen. Aktionen wie in Rümelingen/Südbaden blieben in Ittersbach aus, wo Antifaschisten gegen den dort lebenden SS-Mann Georg Rauch demonstriert hatte. Auch der SS-Mann und Einsatzgruppenleiter im Baltikum, Martin Sandberger, einer der letzten hochrangigen NS-Verbrecher, starb zuletzt am 30. März 2010 unbehelligt in einem Stuttgarter Altersheim . Fragen dazu bleiben:
"Was zählt eigentlich im vereinten Europa eigentlich ein italienischer Haftbefehl?"
Und waren angesichts auch der zuvor nicht aufgeklärten NSU-Morde die Ermittlungsbehörden etwa auf dem rechten Auge "blind"? Oder setzt man hier etwa uf die "biologische Lösung?"

(Quelle u.a. wikipedia)

16.03.2013

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