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Leserbriefe

Stadthistorischer Rundgang: Teil 2

Bild: Markus Speer bei seinem Rundgang zu den Stätten der NS-Vergangenheit..

Markus Speer bei seinem Rundgang zu den Stätten der NS-Vergangenheit..

Am letzten Wochenende (20.11. 2010)  fanden Rundgänge zur Stadtgeschichte Pforzheims statt. Dabei ging es hauptsächlich um die dunklen Seiten dieses Zeitabschnitts. Der Pforzheimer Historiker und Geschichtslehrer Markus Speer führte die Besichtigungstour vom Großgräberfeld des 23. Februar 1945 bis zum Platz der Synagoge, gegenüber des Cineplex. Die Stationen waren die Nordstadtschule, das Gefängnis an der Rohrstraße, der ehemalige Standort des Fotogeschäftes Rödelsheimer, etwas heutiger Vodafonladen gegenüber des C und A, der ehemalige Eingang des Rathauses und der schon erwähnte Platz der Synagoge. Bei dem Großgräberfeld wusste der Historiker von dem Leid und Elend der Hinterbliebenen zu berichten. „ Wie mir der Zeitzeuge Herr Gestung berichtet hat, wurden die Leichen, sie hatten Puppengröße, auf Leiterwagen auf die Schanze gebracht. Doch nicht einmal dort hatte man seinen Frieden. Immer wieder kamen Tiefflieger, die Jagd auf die Trauernden machten“ Die Angehörigen mussten sich zwischen die Toten werfen, um nicht selbst Opfer zu werden. Doch auch vor den Opfern des Regimes machte die Propaganda nicht halt. So sollen Hakenkreuzfahnen beim Gräberfeld aufgestellt worden sein, obwohl die Front bis an den Rhein herangekommen war. Doch Pforzheim spielte schon lange eine Vorreiterrolle für den Nationalsozialismus. Nicht nur die Wahlergebnisse waren über dem Reichsdurchschnitt. So hatten die Nazis schon ab 1932 annähernd die absolute Mehrheit in der Stadt, bei den Reichstags-Wahlen. Schon zu beginn der zwanziger Jahre wurden im Stadtgebiet Fahrkarten verteilt. „Darauf stand, nach Jerusalem und nicht wieder zurück“. Diese wurden vor allem an die jüdischen Bürger der Stadt ausgegeben. Wen wundert es also, dass der „Führer“ der NSDAP in Pforzheim seine erste Ortsgruppe außerhalb Bayerns gründen wollte. Die nächste Station war die Nordstadtschule. Diese wurde in „Adolf Hitler Schule“ umbenannt und der Unterricht sofort, gemäß der Ideologie, umstrukturiert. Dort sollen jüdische Schüler folgenden Spruch an die Tafel geschrieben haben „ Hindenburg der große Reiter, hat am Arsch ein Blitzableiter, vorne eine Essiggurk, deshalb heißt er Hindenburg.“ Wer auch immer das gewesen war, es hatte zur Folge, dass die jüdischen Schüler nach und nach die Schule verließen. Der Reichstagsbrand lässt hierbei grüßen. Über den Standort hatte Markus Speer noch mehr zu berichten. Er wieß auf den Luftschutzbunker hin, der unter dem Parkplatz der Schule liege und erinnerte an eine Verordnung, die den Juden den Besuch von Luftschutzbunkern nur unter Vorbehalt erlaubte. „In dieser Verordnung, vom 6.November 1939, wird es den Juden erlaubt diese Räumlichkeiten aufzusuchen, so lange bis sie sich eigene gebaut hätten.“ Dies sei allerdings ein Lüge gewesen, da der Luftschutzwart Darüber entscheiden konnte, wer rein durfte und wer nicht. Vor dem Gefängnis in der Rohrstraße, wies der Historiker auf die Zustände in diesem Gefängnis während der dunklen Zeit hin. Er kam auch auf prominente Insassen zu sprechen, wie die Stadtverordneten aus der SAP Mössinger, Weik, Köhler, Stoll usw. Für viele, wie auch den Lehrer Bührer, war dies nur eine Durchgangsstation in die Konzentrationslager.

Beim anschließenden Besuch auf dem Rathausvorplatz wies Speer auf das ehemalige Geschäft des Fotografen Rödelsheimer hin. Dieser saß am Tag des Boykotts mit seinen Kriegsverdienstorden, dem EK 1 und 2 im Schaufenster seines Ladens, als davor die Vertreter der „Herrenrasse“ standen und Pforzheimer Bürgern das Betreten seines Geschäftes verweigerten. „ Dieser Mann war ein Kriegskamerad des böhmischen Gefreiten, selbst der Einsatz seines Lebens, hat ihn nicht vor der Vergasung in Auschwitz bewahrt.“ Am ehemaligen Haupteingang des Rathauses machte der Herr Speer noch auf das Nürnberger Rassengesetz vom September 35 aufmerkssam. „Schon im August 35 verweigerte man einem Jüdisch-Christlichen Ehepaar die Trauung. Man verwies darauf, „dass diese Eheschließung gegen die guten Sitten verstoßen würde“.

Den Abschuss bildete das Verweilen am Platz der Synagoge. Dort verteilte der Buchautor Speer, Artikel aus dem „Pforzheimer Kurier.“ Diese beschäftigen sich mit Menschen, die geholfen haben und dies unter Einsatz ihres Lebens. So der Arzt Wilhelm Bopp. Dieser behandelte verletze jüdische Bürger. Diese wurden vom entfesselten Mob am Tag der „Reichskristallnacht“ misshandelt.

MSP

 

 

 

 

14.12.2010

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