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Leserbriefe

KIT Karlsruhe: Atomenergieforschung nach Fukushima. Zeitgewinn und Rettungsanker Kernfusion. Empört Euch!


Die von der früheren rot-grünen Bundesregierung beschlossene
Laufzeitbegrenzung der Atomkraft hat in der Leitung des Karlsruher
Instituts für Technologie KIT (Vorläufer Forschungszentrum Karlsruhe, jetzt KIT
Campus Nord genannt) nie Gefallen gefunden. Im Gegenteil, es wurde fest von einer
Renaissance der Kernenergie ausgegangen. KIT Präsident Prof. Horst Hippler
brachte das auf den Punkt. Er war einer der beiden Hochschulunterzeichner
des Appells zur Laufzeitverlängerung, dem die schwarz-gelbe Bundesregierung
brav gefolgt ist.
Am Tag 1 der Fukushima-Katastrophe, am 11. März meldete der Südwestfunk,
dass im Institut für Transurane ITU, einer europäischen
Atomforschungsinstitution auf dem Gelände des Campus Nord, mit Forschung
an neuen Reaktortypen begonnen wird. Dabei sollen 180 Kilo Plutonium, 50-130
Kilo hochangereichertes Uran, 300 Kilo schwach angereichertes Uran und 450
Kilo Thorium eingesetzt werden. Das KIT ist eng verflochten mit diesen
Plänen.
Zwei Tage vor der Landtagswahl teilt der andere KIT Präsident Prof. Eberhard
Umbach der Presse mit, ?das vor kurzem verkündete Moratorium bezüglich der
Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke sei allein der aktuellen
Panik und Hysterie geschuldet. Aber Angst ist kein guter Ratgeber.? Einen
Tag nach der Landtagswahl teilt er der Presse mit, ?er sei - wie die neue
Landesregierung - für den Ausbau regenerativer Energien, hier habe das KIT
zahlreiche neue Entwicklungen und Ideen anzubieten. Der Weg dorthin sei
allerdings ohne die weitere vorübergehende Nutzung der Kernkraft nur
schwierig zu erreichen. Dies werde das KIT durch entsprechende Expertisen
in die Diskussion einbringen.?
Die EVU?s drohen derweil mit dem Blackout und dem Verlust von Arbeitsplätzen
und setzen auf die kurze Halbwertszeit des Angstzerfalls. Die Industrie-
und Handelskammer Karlsruhe formuliert das schon etwas eleganter. Von neuen
Chancen, von den Erneuerbaren, gar vom Strom sparen ist die Rede mit dem
Fazit ?Wir müssen die Energie-Denkhauptstadt Nummer Eins in Europa werden.
Wir brauchen eine stabile Stromversorgung, zu bezahlbaren Preisen bei
schnellstmöglichem Ausstieg aus der Kernenergie.?
Für eine Podiumsdiskussion zum Thema "Zukunft der Kernforschung am KIT"
wurde ein bemerkenswerter Tag ausgesucht: Gründonnerstag, der dies
absolutionis  (?Tag der Sündenvergebung?). Gäste des außerordentlich
ausgewogen zusammen gesetzten Podiums 18 Uhr im Redtenbacher-Hörsaal
(Gebäude 10.91 der Uni) sind Dr.-Ing. Peter Fritz, Vizepräsident des KIT
und Vizepräsident des deutschen Atomforums, Sylvia Kotting-Uhl, MdB im
Wahlkreis Karlsruhe und atompolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion,
Jörg Michels, Technischer Geschäftsführer des KKW Neckarwestheim und Mitglied
der Geschäftsführung der EnBW Kernkraft GmbH, Prof. Dr. Norbert Willenbacher,
Aufsichtsratsvorsitzender von juwi und Prof. für angewandte Mechanik am
KIT.
Dazu muss man noch wissen, dass es neben der bekannten Seite der
Atomenergie, der Kernspaltung, eine andere weniger bekannte Seite - die
Kernfusion - gibt, ein weltweit etabliertes sehr kostspieliges Forschungs-
und Entwicklungsprogramm. Damit soll die Energieerzeugung der Sonne auf
der
 Erde nachgeahmt werden. Rohstoffe Wasser und Gestein (Tritium), Endprodukt
ungefährliches Helium, keine Kernschmelze möglich. Der Traum von der
unerschöpflichen, sauberen und sicheren Energiequelle, so die offizielle
 Lesart. Nicht von ungefähr wird die Kernfusion seit Fukushima in den
 höchsten Tönen gepriesen, ?die gute Kernenergie?, ?die bessere
Kernenergie?,
?der Fahrstuhl in die Zukunft? oder gar ?der heilige Gral der
Wissenschaft?.
 Da ist die NaturwissenschaftlerInnen-Initiative "Verantwortung für Frieden
und Zukunftsfähigkeit" e.V. (NatWiss) ganz anderer Meinung. Sie betrachtet
die Kernfusion eher als Inkarnation des Technikwahns und fordert auch hier
den Ausstieg. Das hat sie am 4. April in einer Stellungnahme an das KIT
 Präsidium und die zuständigen Stellen in Land und Bund mitgeteilt und so
begründet:
Die Kernfusion ist ein leeres Zukunftsversprechen, das keinen Beitrag zur
Energiewende zu liefern vermag. Das Programm verschlingt Milliarden für
die Forschung und wird wahrscheinlich nie in Kraftwerke umsetzt, weil es die
bessere und billigere Alternative ?Energie-Einsparung kombiniert mit
erneuerbarer Energie? gibt. Die Friedensinitiative drückt dazu ihre
Überzeugung aus, dass die betroffenen WissenschaftlerInnen und
Beschäftigten
in einem intensiven Diskussionsprozess dafür gewonnen werden können, ihre
Fähigkeiten auf andere Gebiete der Grundlagenforschung und der angewandten
Forschung für zivile Zwecke zu verlagern. Dazu könnte gerade auf die
Erfahrungen des ehemaligen (Kern)Forschungszentrums mit seiner
Zivilklausel
zurückgegriffen werden. Deswegen sei die Initiative auch optimistisch,
dass die geforderte Friedensbindung für das gesamte KIT zusammen mit der neuen
Landesregierung trotz des kürzlichen Ausweichens des Senats verankert
werden wird.
Zwei Energiekonzepte stehen demnach im Raum. Die alternative Fortsetzung
der Kernenergie-Renaissance, das heißt die Versöhnung der Kernspaltung mit der
erneuerbaren Energie und die Lockung mit der Kernfusion als ?bessere
Kernenergie? einerseits und der energische Umstieg allein auf die beiden
Ressourcen Energie-Einsparung und erneuerbare Energie andererseits.
Über die Haltung der EVU?s und der abgewählten Machthaber in
Baden-Württemberg und die noch im Amt befindlichen im Bund braucht sich
niemand Illusionen zu machen. Wie wahrscheinlich ist ein
Bewusstseinswandel
in der Führung des KIT? Deutlich größer als das Restrisiko der ?sicheren?
deutschen Kernkraftwerke?
Allerdings könnten sich die ?im Wesentlichen weiter so?-Gruppierungen in
der
neuen baden-württembergischen Landesregierung gründlich getäuscht haben.
Und
die braucht weitere kraftvolle Aktionen der außerparlamentarischen
Opposition. Empört Euch!
 Annette Groth MdB
Fraktion DIE LINKE
Menschenrechtspolitische Sprecherin
Wahlkreisbüro Pforzheim
Bleichstr. 3a
75173 Pforzheim

16.04.2011

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