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Leserbriefe

Initiative Trinkwasser- und Naturschutz gegen das Gewerbegebiet Reisersweg stellt Falschbehauptungen von Kreisrat Schweickert richtig

Bild: Kein Gewerbegebiet am Reisersweg : Vorrang für Trinkwasserschutz (Foto.Ron)

Kein Gewerbegebiet am Reisersweg : Vorrang für Trinkwasserschutz (Foto.Ron)


Die Initiative Trinkwasser- und Naturschutz - gegen das Gewerbegebiet Reisersweg stellt
Falschbehauptungen von Kreisrat Schweickert richtig und appelliert an untere Wasserbehörden

Die Initiative begrüßt, dass sich der Kreistag im Zuge des Projektes LoKlim „Lokale
Kompetenzentwicklung zur Klimawandelanpassung in kleinen und mittleren Kommunen und
Landkreisen" Gedanken macht über die Trinkwassermangellagen einiger Enzkreisgemeinden auf
Grund der letzten Dürresommer und den Trinkwasserschutz prioritär in den Maßnahmenkatalog zur
Klimawandelanpassung aufgenommen hat. Dass sich jedoch die Kreisräte von FDP, SPD, CDU und
Freie Wähler einen „schlanken Fuß" machen, wenn es um die tatsächliche Festsetzung von
Maßnahmen wie ein Bebauungsverbot in der Wasserschutzgebietszone II geht, kritisiert die Initiative
scharf. „Es ist eigentlich ein Skandal, dass man sich kurzerhand über den Trinkwasserschutz
hinwegsetzt und gleichzeitig einen Beschluss für den Klimaschutz abstimmt", ist sich die Initiative
einig.
Die Diskussion hat sich insbesondere an dem geplanten Gewerbegebiet Reisersweg in Niefern
entzündet. Alle Fraktionen außer B90/Die Grünen einigten sich auf den Winkelzug, die Zone IIB vom
Bebauungsverbot auszunehmen. Denn das Gewerbegebiet Reisersweg liegt in der Zone IIB. Der
Beschluss ist bemerkenswert, weil es eine Unterscheidung von Zone IIA und IIB nur in diesem
Wasserschutzgebiet gibt, sonst gibt es das im gesamten Enzkreis nicht. Insofern stellt sich die Frage
wie die untere Wasserschutzbehörde diesen Beschluss interpretiert. Siehe Exkurs unten.
Kreisrat Prof. Dr. Erik Schweickert wird in der PZ zitiert mit den Worten "Kritiker der Nieferner Pläne
verbreiten öffentlich Fake News". Des Weiteren behauptet Schweickert, im Wasserschutzgebiet IIB
wäre eine Bebauung „klar erlaubt".
Die Initiative Trinkwasser- und Naturschutz - gegen das Gewerbegebiet Reisersweg stellt klar:
Das sind Falschbehauptungen von Herrn Schweickert und fordert eine Entschuldigung von ihm!
Herr Schweickert kennt entweder die Regelungen des Trinkwasserschutzes nicht oder er sagt
wissentlich die Unwahrheit.
In der Wasserschutzgebietsverordnung „Unteres Enztal" steht in §3 Abs. 1, Ziffer 2:
„In der Engeren Schutzzone - Zone IIB - sind verboten:
[...]
2. Errichten baulicher Anlagen im Sinne der Landesbauordnung für Baden-Württemberg der
jeweils gültigen Fassung, sofern auf Grund örtlicher Gegebenheiten keine ausreichenden
Vorkehrungen zum Schutz des Grundwassers getroffen werden können."
In §3 Abs.1, Ziffer 9 steht:
„In der Engeren Schutzzone - Zone IIB - sind verboten:
[...]
9. Anlegen oder wesentliches Ändern von Verkehrsanlagen."
Die Umsetzung eines Gewerbegebietes würde gemäß Ziffer 9 schon an der Erschließung durch den
Bau von Straßen scheitern, geschweige denn der Bau von Gebäuden oder ähnlichen baulichen
Anlagen. Da die A8 und die B10 schon vor dem Erlass der Schutzgebietsverordnung im Jahr 1984
vorhanden waren, genießen sie Bestandsschutz.
(Hier finden Sie die Wasserschutzgebietsverordnung:
https://www.wir-in-pforzheim.de/wip3x/images/Dokumente/1984-12-28%20Verordnung
%20Wasserschutzgebiet.pdf).
Richtig ist die Aussage von Frau Bürgermeisterin Förster, dass im Pforzheimer Stadtteil Mäuerach kein
neues Haus gebaut werden darf. Mäuerach liegt komplett in Zone IIB. Da die Siedlung vor der
Verordnung entstand, haben existierende Bauplätze / Gebäude Bestandsschutz, die Auszeichnung
neuer Bauplätze sind nicht erlaubt.
Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau als höchste Fachbehörde zum Trinkwasserschutz
äußert in der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zum Gewerbegebiet Reisersweg
(Beschlussvorlage Niefern-Öschelbronn Nr. 44/21, Sitzung 15.06.2021):
„Auf die Lage des Planvorhabens in Schutzzone IIB des festgesetzten Wasserschutzgebiets „WSG
Unteres Enztal Pforzheim/Niefern wird hingewiesen. In Zone II sind Handlungen, Einrichtungen und
Vorgänge mit Ausnahme von Maßnahmen zur Sicherung der Wassergewinnung in der Regel nicht
tragbar. [...] Im Falle eines Eintrags von Schad- oder Trübstoffen (Anmerkung: Trübstoffe entstehen im
Untergrund durch Bautätigkeiten) in den Grundwasserleiter können diese innerhalb kurzer Zeit in die
genutzten Trinkwasserfassungen gelangen. Dies verdeutlicht das sehr hohe Gefährdungspotential des
geplanten Vorhabens."
Die Fachbehörde sieht in der Zone II B also durchaus eine Zone II, sie Exkurs unten.
Das renommierte Technologiezentrum Wasser (TZW), eine Einrichtung des Deutschen Verbands der
Gas- und Wasserversorger, erklärt in seiner Stellungnahme zum Gewerbegebiet Reisersweg
(Beschlussvorlage Niefern-Öschelbronn Nr. 44/21, Sitzung 15.06.2021):
„...dass trotz der umfangreichen technischen Schutzmaßnahmen ein langfristig ausreichender
Grundwasserschutz bei der Errichtung eines Gewerbegebiets nicht zu gewährleisten ist und daher
keine Befreiung von den Auflagen der Wasserschutzgebietsverordnung erteilt werden darf."
Die Initiative Trinkwasser- und Naturschutz - gegen das Gewerbegebiet Reisersweg appelliert an die
untere Wasserbehörde des Enzkreises unter dem politischen Druck des Kreistages keine groß
angelegten Befreiungen von den Verboten der Schutzgebietsverordnung zu erteilen, um ein
Gewerbegebiet Reisersweg zu realisieren. Des Weiteren appelliert die Initiative an die Stadt
Pforzheim einer solchen Befreiung im gemeinsamen Wasserschutzgebiet nicht zuzustimmen und
dass das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde aktiv wird.
Exkurs: was bedeutet eigentlich Wasserschutzgebiet Zone IIA und IIB? Was ist der Unterschied? Das
ist eine gute Frage. Denn in Pforzheim und Enzkreis gibt es sonst keine Zone IIB, sondern nur eine
Zone II. Die Zone II wird umgrenzt von der 50-Tage-Linie. Von dieser Linie bis zu den Brunnen soll das
Trinkwasser noch 50 Tage unterwegs sein und von Verschmutzungen befreit werden. Wobei
chemische Verunreinigungen oder Chemikalien in der Regel nicht abgebaut werden.
Auf der Internetseite der Regierungspräsidien Baden Württemberg heißt es: „Wasserschutzgebiete
werden üblicherweise in Fassungsbereich (Zone I), Engere Schutzzone (Zone II) und Weitere
Schutzzone (Zone III bzw. III A und III B) unterteilt. In den einzelnen Zonen sind jeweils bestimmte
Nutzungen und Einrichtungen untersagt." Quelle:
https://rp.baden-wuerttemberg.de/themen/wasserboden/grundwasser/seiten/wasserschutzgebiete/
Die Zone IIB gibt es nur im Wasserschutzgebiet Unteres Enztal, sonst nirgends in Pforzheim und dem
Enzkreis. Ein Blick auf die Karte der Wasserschutzgebiete zeigt: Selbst unmittelbar an den Brunnen am
Enzufer liegt die hellgelb dargestellte Zone IIB. Auch die landwirtschaftlich genutzten Flächen und das
bereits vor Erlass der Schutzgebietsverordnung vorhandene Mäuerach, das Bestandsschutz genießt,
liegen in der Zone IIB. Die dunkelgelbe Zone IIA umfasst überwiegend Waldflächen.
Im „Gutachten über die Errichtung von Schutzzonen für die Tiefbrunnen der Stadt Pforzheim" des
Geologischen Landesamtes vom 10. Januar 1953 war eine solche Unterteilung aus fachlicher Sicht
nicht vorgesehen. (Das Gutachten finden Sie hier:
https://www.wir-in-pforzheim.de/wip3x/images/Dokumente/Anlage%203%201953%2010%20Jan
%20GA%20432-53%20Gutachten%20%C3%BCber%20die%20Errichtung%20von%20Schutzzonen%20f
%C3%BCr%20....pdf).
Warum wurde sie errichtet? Wer weiß, vielleicht gab es schon damals entsprechende politische
Fürsprecher. Ist es in der Zone IIB weniger wichtig, das Trinkwasser zu schützen? Aus fachlicher Sicht
ist diese Annahme jedenfalls nicht abzuleiten.

Quelle: https://www.pforzheim.de/fileadmin/user_upload/umwelt/wasserundboden/wsg_pf.pdf
Initiative Trinkwasser- und Naturschutz gegen ein Gewerbegebiet Reisersweg

Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg Arbeitskreis Pforzheim/Enzkreis, SPD-
Gemeinderatsfraktion PF, WiP-Gruppierung im Gemeinderat PF, Bürgerbewegung Wir in Pforzheim
(WiP), B90/Die Grünen Gemeinderatsfraktion PF, DIE LINKE Kreisverband, SPD Kreisverband, B90/Die
Grünen Kreisverband, B90/Die Grünen Fraktion im Regionalverband, Fridays for Future Pforzheim,
BUND Ortsgruppe Pforzheim, BUND Regionalverband Nordschwarzwald, LMU Niefern-Öschelbronn

 

06.04.2023

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