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Leserbriefe

Anwerbeversuche des Inlandsgeheimdienstes in Freiburg

Communiqué vom 31.07.2011
Von März bis Juli 2011 versuchte der Inlandsgeheimdienst in Freiburg 
mindestens vier Menschen als sogenannte „V-Personen“ anzuwerben. Eine Person 
wurde zwei Mal angesprochen, so dass insgesamt fünf Anwerbeversuche in vier 
Monaten bekannt wurden. Ziel der Ausforschung sollten antifaschistische, 
autonome und allgemeine linke Strukturen in Freiburg und anderen Orten sein. 
Das „V“ in „V-Personen“ steht dabei nach offizieller Lesart für „Verbindung“ 
oder gar „Vertrauen“, dabei ist die Aufgabe der „V-Personen“ doch im Gegenteil 
der Missbrauch von Vertrauen, ihre Aufgabe ist der Verrat. Denn die „V-
Personen“ sollen Informationen über ihr Lebensumfeld beschaffen, also ihre 
FreundInnen, GenossInnen und WG-MitbewohnerInnen verraten. Bei den aktuellen 
Anwerbeversuchen gehörten sogar enge Familienangehörige zu den 
auszuforschenden Zielpersonen.
„Denn nur der Tod ist umsonst!“
(Geheimdienstler „Henry Bratsche“, Freiburg, 1. Juni 2011)
Die von den Anwerbeversuchen Betroffenen wurden meist an ihren Meldeadressen 
von zwei in zivil gekleideten Geheimdienstlern aufgesucht. Es wurde um ein 
Gespräch an einem ungestörten Ort gebeten, am liebsten in den Privaträumen der 
Linken. Dies wurde jedoch von den Betroffenen abgelehnt. Einer der beiden 
Geheimdienstler übernahm die Gesprächsführung, während der Zweite auffallend 
still den Gesprächsverlauf beobachtete. Der Gesprächsführer stellte Fragen und 
wich Gegenfragen geschickt aus. Erfahrungsgemäß ist es für die Betroffenen 
unmöglich, bei Anwerbeversuchen Informationen über den Geheimdienst zu 
gewinnen. Es passiert aber sehr leicht, dass Informationen ungewollt 
preisgegeben werden.
Der Geheimdienst muss zuvor Persönlichkeitsprofile der Betroffenen angelegt 
haben, denn bei den Anwerbeversuchen wurden Details des näheren Umfelds, der 
Lebensumstände und der politischen Aktivitäten ebenso erwähnt wie die 
Teilnahme an Demonstrationen, die Mitarbeit in Gremien und zurückliegende 
Polizeikontrollen. In den Anwerbegesprächen wurde diese 
Informationshierarchie, die zahlenmäßige Überlegenheit der Geheimdienstler und 
das Überraschungsmoment vom Inlandsgeheimdienst ausgenutzt, um zu jedem 
Zeitpunkt die Kontrolle über die Situation zu behalten.
Der Geheimdienst wandte in den Gesprächen unterschiedliche Strategien an, um 
für Verrat zu werben. Mehrmals wurde eine Spaltungstaktik benutzt, um bezahlte 
MitarbeiterInnen zu gewinnen. So wurde beispielsweise betont, dass die von den 
Anwerbeversuchen Betroffenen nicht Teil der Zielgruppe seien und andere 
Überzeugungen als die Zielpersonen hätten. Insbesondere wurde versucht, die 
linke Szene in einen gewaltbereiten und einen friedfertigen Teil zu spalten, 
wobei die Angesprochenen dem friedfertigen Teil zugeordnet wurden. Daneben 
wurden finanzielle Anreize wie eine steuerfreie Bezahlung bis hin zu einem 
Angebot von 2.500 Euro Monatsgehalt für die kommenden zwei Jahre und einer 
anschließenden Übernahme in den Staatsdienst in Aussicht gestellt.
„Anna und Arthur halten’s Maul!“
Was bedeutet eigentlich die altbekannte Losung? Der Inlandsgeheimdienst ist 
ein wichtiger Teil des staatlichen Unterdrückungsapparates. Eine zentrale 
Aufgabe des „Verfassungsschutzes“ ist die Diskreditierung, Kontrolle und 
Manipulation sozialer Bewegungen sowie die Gleichsetzung von linken und 
faschistischen Gruppen. Auch wenn bei Anwerbeversuchen das Gegenteil 
suggeriert wird: der „Verfassungsschutz“ kann niemals ein Bündnispartner sein.
Anwerbegespräche sind so angelegt, dass die Betroffenen sich in einer 
Defensivposition befinden und der Geheimdienst zu jedem Zeitpunkt die Kontrolle 
über die Situation behält. Es ist daher illusorisch, dass durch ein taktisches 
Eingehen auf das Gespräch mehr Informationen gewonnen werden könnten, als der 
Geheimdienst bereit ist preiszugeben. Andersherum ist die Gefahr groß, dass 
der „Verfassungsschutz“ an noch unbekannte Informationen gelangt, denn die 
Anwerbegespräche sind sorgfältig geplant und gezielt zur 
Informationsbeschaffung konzipiert. Selbst wenn keine „harten Fakten“ zur 
Sprache kommen, können die GeheimdienstlerInnen im Falle eines Gesprächs ihr 
Persönlichkeitsprofil der Betroffenen erweitern.
Eine Gesprächsverweigerung ist nicht nur legal, denn der „Verfassungsschutz“ 
hat keinerlei Exekutivbefugnisse, sondern sinnvoll. Die GeheimdienstlerInnen 
dürfen keine Wohnung durchsuchen, nichts beschlagnahmen, niemanden vernehmen 
oder gar festnehmen. Ihnen kann also ohne Probleme die Tür vor der Nase 
zugeschlagen werden, auch wenn sie noch so freundlich um Einlass bitten. Mit 
einer Verweigerung des Gesprächs und einer anschließenden Veröffentlichung 
können weitere Anwerbeversuche fast immer verhindert werden.
Die fehlenden Exekutivbefugnisse der Geheimdienste gehen zurück auf das 
Trennungsgebot von Polizei- und Geheimdienstbehörden. Das Trennungsgebot wurde 
aufgrund der fatalen Machtfülle der „Geheimen Staatspolizei“ (Gestapo) während 
des Nationalsozialismus eingeführt. Doch in den letzten Jahren wird es 
beispielsweise durch gemeinsam verwendete Datenbanken zunehmend ausgehöhlt. 
Bestehende Informationsgesetze erlauben manchmal einen Einblick in eben jene 
Datenbanken, deshalb sollte auch nach einem Anwerbegespräch ein 
Informationsersuchen bei den verschiedenen Repressionsbehörden gestellt 
werden.
Angriff ist die beste Verteidigung
Eine andere Möglichkeit auf einen Anwerbeversuchen zu reagieren ist es, WG-
MitbewohnerInnen oder NachbarInnen um Unterstützung zu bitten oder 
handlungsbereite GenossInnen von außerhalb zu involvieren. Wenn Hilfe oder 
eine Kamera geholt wird, sollte die Tür zugemacht werden, da die 
GeheimdienstlerInnen ansonsten die Situation ausnutzen und in die Wohnung 
eindringen könnten.
Um im Anschluss ein Gedächtnisprotokoll erstellen zu können, sollten bereits 
während des Anwerbeversuches Details wie Dialekt, Größe, Alter, Haare, Bart, 
Muttermale, Brille, Kleidung, Schuhe, etc. der GeheimdienstlerInnen in 
Gedanken notiert werden. Direkt nach dem Anwerbeversuch sollten diese Details 
stichpunktartig festgehalten und später an linke Antirepressions-Gruppen 
übermittelt werden. Darüber hinaus sollte der Anwerbeversuch mit GenossInnen 
und in politischen Gruppen diskutiert und anschließend öffentlich gemacht 
werden.
Eine Veröffentlichung hilft den Betroffenen, denn der Geheimdienst scheut die 
Öffentlichkeit und unternimmt nach einer Veröffentlichung nur selten einen 
weiteren Anwerbeversuch. Eine Veröffentlichung und Gespräche über den 
Anwerbeversuch helfen zudem bei der persönlichen Auseinandersetzung mit der 
häufig verunsichernden Situation. Darüber hinaus werden andere Menschen auf den 
Inlandsgeheimdienst aufmerksam, was oft zu einer Sensibilisierung und zu einer 
verstärkten Auseinandersetzung mit der spaltenden Arbeit des 
„Verfassungsschutzes“ führt. Außerdem erkennen viele nach einer solchen 
Beschäftigung mit dem Thema Überwachung die Notwendigkeit sicherer 
Kommunikation und werden insgesamt aufmerksamer gegenüber staatlichen 
Infiltrationsversuchen.
Spitzel sind das Allerletzte
Neben angeworbenen „V-Personen“ setzt der Geheimdienst auch eingeschleuste 
Spitzel ein. Bei der Innenministerkonferenz 2011 wurde eine weitere 
Intensivierung der Anwerbe- und Spitzelaktivitäten gegen die linke Szene 
beschlossen. Doch nicht nur der „Verfassungsschutz“ setzt Spitzel ein, auch 
die Polizei benutzt geheimdienstliche Methoden. Beispielhaft hierfür ist die 
die Einschleusung des Polizeispitzels Simon Bromma in die Heidelberger 
studentische Linke, die zum Jahreswechsel 2010/2011 mit der Veröffentlichung 
seiner Klaridentität endete. Der Fall Simon Bromma steht zudem exemplarisch 
für eine erweiterte Zusammenarbeit europäischer Repressionsbehörden. Aber 
nicht nur die Polizei wendet Gewalt an, auch der Verfassungsschutz macht 
Sprengstoffanschläge, um Linken zu schaden. Und letztendlich unterstehen sowohl 
Polizei als auch Inlandsgeheimdienste den Innenministerien.
Weg mit den Repressionsbehörden!
Autonome Antifa Freiburg

05.08.2011

· 1832. Das Fest der Demokratie
· Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, erklärt zum Tag der Pressefreiheit:
· Fridays for Future stellt seinen Plan für die EU-Kampagne vor
·  Die Linke Pforzheim präsentiert umfassende Pläne zur Belebung der Fußgängerzone
· Am Montag und Dienstag zweitägiger Warnstreik bei der Deutschen Telekom


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